Bedeutung und Herkunft

Das englische Wort „Trope“ begegnet uns heute in der Popkultur überall – in Serien, Filmen, Spielen und auch in der Literatur. „Welche Tropes sind in Ihrem Roman?“ werden Autor*innen immer häufiger gefragt. Aber was sind eigentlich „Tropes“?

Das Wort „Tropus“ stammt ursprünglich aus der Rhetorik und beschreibt sprachliche Stilmittel wie Umschreibungen oder Metaphern. Heute umfassen Tropes weit mehr – Charakterarchetypen, Handlungsmuster oder sogar symbolische Motive.

Wozu verwendet man Tropes?

Ziel der Verwendung von Tropes ist es, bestimmte Erwartungen bei den Lesenden zu wecken oder bekannte Motive neu zu interpretieren. Ein Beispiel für eine oft genutzte Trope ist die „Heldenreise“, bei der eine oder mehrere Figuren durch spannende Abenteuer marschieren und eigene Unzulänglichkeiten überwinden müssen, um letztendlich als gestärkte Figur daraus hervorzugehen. Diese Trope finden wir im „Gilgamesch-Epos“, in Homers „Ilias“ und „Odyssee“ bis hin zu den modernen Bestsellern.

Kopieren wir Autor*innen nicht schamlos, wenn wir Tropes verwenden?

Das sollte bereits das Beispiel der Heldenreise verneinen. Niemand wird ernsthaft in einem Bestseller von Ken Follett eine Kopie von Homer vermuten, obwohl sich beide Autoren in ihren Werken der Trope „Heldenreise“ bedienen. Man kann sie sogar auf Liebesromane anwenden, denn auch hier gilt es, „Abenteuer“ zu bestehen (neues College, neue Freunde), gegen Feinde (Ex-Freundin, Konkurrentin) oder gar Monster („Schwiegermutter“) zu kämpfen und seinen Charakter weiterzuentwickeln (Stolz über Bord werfen), bis es am Ende zum Happy End kommt.

Lesende schätzen das Vertraute und wollen dennoch überrascht werden – ein immerwährender Zwiespalt

Die wahre kreative Kunst besteht nämlich darin, Tropes auf eine Weise geschickt einzusetzen, dass frische und originelle Werke entstehen. Sie sind gewissermaßen die Farben auf unserer Palette, die wir auf die Leinwand bringen. Kreative Bausteine, um Lesende mit bekannten Mustern zu locken, denen wir dann unerwartete Wendungen oder neue, einzigartige Perspektiven geben.

Idealerweise entsteht dadurch eine faszinierende Mischung aus Vertrautem und Neuem. Denn niemand möchte beim Lesen mit Welten konfrontiert werden, die völlig abseits des Bekannten sind. Selbst im Genre Fantasy, in dem einem doch vermeintlich alle Türen offenstehen, finden sich vertraute Muster, Hierarchien oder Ordnungen, die beim Schreiben neu interpretiert werden.

Mittelalterlich anmutende Königshierarchien im Weltall, militärisch organisierte Drachenreiter, Priesterinnen und Stammesfürsten. Ob die Saga nun auf fremden Planeten oder in einer fantastischen Parallelwelt spielt – es werden immer wieder geschickt vertraute Muster mit Neuem verwoben und dabei anders interpretiert und variiert, um die Lesenden zu überraschen und zu begeistern. Ein Balanceakt zwischen Originalität und Vertrautheit, eine literarische Sinfonie mit Paukenschlag.

Tropes als Orientierung für Verlage und Lesende

Sicher haben Sie schon Bilder in den sozialen Medien gesehen, auf denen um das Buchcover herum alle möglichen Motive und Themen, die in dem Roman auftauchen, optisch veranschaulicht werden. Verrät das nicht zu viel?

Aufgrund der Masse an Neuerscheinungen bei Büchern, Serien und Filmen ist es üblich geworden, den Konsumenten eine Entscheidungshilfe zu geben. Tropes können also durchaus auch ein gutes Marketinginstrument für uns Autor*innen sein, um Lesende zu gewinnen, die bestimmte Themen oder Motive in Romanen gerne öfter lesen möchten. Wir kennen das von der Einteilung der Bücher nach Genres, jedes Cover spricht eine eindeutige Sprache, die auf den Inhalt hinweist, und mit den Tropes verhält es sich nicht anders. Deshalb gehen auch immer mehr Verlage dazu über, ihre Neuerscheinungen auf der Website bestimmten Tropes zuzuordnen, um Lesenden die Orientierung zu erleichtern.

Bereits im Vorfeld kann es daher sinnvoll sein, sich über die Tropes im eigenen Roman Gedanken zu machen, um Verlage im Exposé die Entscheidung zum Kauf des Manuskripts schmackhaft zu machen.

Einige Tipps zum Schluss

Die Vielfalt von Tropes bietet uns Schreibenden eine Fülle von Möglichkeiten, um mit unseren Romanen zu überraschen, zu berühren und unsere Leser*innen zu fesseln. Wichtig ist dabei aber, die Zielgruppe im Auge zu behalten. Nicht jede Trope passt zu jedem Genre und jede Altersgruppe.

Tropes können auch beim Plotten und der Exposéentwicklung inspirieren und Ideen für neue Wendungen schaffen, an die wir zuvor gar nicht gedacht haben. Wie wirkt sich eine bestimmte Trope auf die Handlung und die Charaktere aus? Welche neuen Entwicklungen stößt sie an?

Aber wie vermeide ich, dass aus einer Trope ein Klischee wird?
Es ist in der Tat ein schmaler Grat, auf dem wir Schreibenden uns hier bewegen.

Kombinieren Sie Tropes, entwickeln Sie komplexe Persönlichkeiten, die über die stereotypen Merkmale hinausgehen, berücksichtigen Sie aktuelle gesellschaftliche Themen und achten Sie darauf, dass die Entwicklung von Handlung oder Figuren nicht zu vorhersehbar wird.

Eine Auswahl gängiger Tropes

1. Heldenreise (Hero’s Journey)

Die Protagonisten werden durch Prüfungen und Herausforderungen geführt, um gestärkt ihr Ziel zu erreichen. Von „Odysseus“ bis „Harry Potter“ – der Klassiker.

2. Liebesdreieck (Love Triangle)

Das Liebesdreieck erzeugt romantische Spannungen zwischen drei Figuren. „Twilight“ lässt grüßen.

3. Das verlorene Gedächtnis (Amnesia, Lost Memory)

Ein Charakter muss sich nach einem Gedächtnisverlust selbst neu entdecken.

4. Der Antiheld (Anti-Hero)

Ambivalenz und Abweichung von klassischen Tugenden fasziniert bei diesem Charakter. Zum Beispiel Walter White aus „Breaking Bad“.

5. Die Prophezeiung (Prophecy)

Die Prophezeiung, ein beliebtes Motiv in modernen Fantasy-Epen wie „Harry Potter“, verleiht der Handlung eine übernatürliche, schicksalshafte Dimension.

6. Der Mentor

Ein erfahrener Führer, der den Hauptcharakter auf seiner Reise begleitet und leitet wie Gandalf aus „Der Herr der Ringe“.

7. Die verbotene Liebe (Forbidden Love)

Die verbotene Liebe hat uns schon bei „Romeo und Julia“ zu Taschentüchern greifen lassen.

8. Best Friend´s Brother or Sister

Verliebt in den oder die beste(n) Freund(in) des Bruders oder der Schwester führt unweigerlich zu spannungstreibenden Konflikten, die sich im Laufe der Handlung auflösen.

9. Sandkastenliebe (Childhood Friend)

Die Figuren kennen sich seit Kindertagen, verlieren sich aus den Augen und treffen Jahre später wieder aufeinander, um sich nun richtig ineinander zu verlieben.

10. Aus Feinden werden Liebende (Enemies to Lovers)

Eine der beliebtesten Trope, die die Möglichkeit zu witzigen Dialogen und jeder Menge Verwicklungen bietet. Leser fiebern mit, wann aus den beiden Kontrahenten endlich ein Paar wird.

11. Aus Rivalen werden Liebende (Rivals to Lovers)

Erweitert die Enemies-to-Lovers-Trope. Zwei konkurrierende Charaktere werden in eine romantische Beziehung geführt. Die anfängliche Rivalität kann beruflich, sportlich oder persönlich sein. Der Übergang von Wettbewerb zu Liebe schafft eine fesselnde Dynamik.

12. Dark Romance

Besitzergreifende, kontrollierende Charaktere und viele explizite Sex-Szenen jenseits gängiger Moralvorstellungen führen die Lesenden in Abgründe menschlicher Verhaltens- und Denkweisen.

13. Fake Dating

Manchmal ist es praktisch, so zu tun, als hätte man einen festen Freund oder eine Freundin. Doch was, wenn aus dem Spiel Ernst wird und die Figuren sich wirklich ineinander verlieben?

14. Erzwungene Nähe (Forced Proximity)

Man möchte sich aus dem Weg gehen, aber muss sich ein Hotelzimmer teilen? Durch erzwungene Zweisamkeit kommt man sich ungewollt näher.

15. Good Guy oder Bad Boy

Welcher Love Interest darf es denn sein – der gute Junge von nebenan, der einen versteht und auf Händen trägt, oder der abweisende Typ mit Sex-Appeal und Dominanzallüren?

16. Grumpy meets Sunshine

Ein grummeliger Charakter trifft auf einen wahren Sonnenschein, der unbeirrbar gute Laune ausstrahlt und die beiden verlieben sich ineinander. Eine Variante der Trope „Gegensätze ziehen sich an“ (Opposites attract).

17. Slow Burn

Langsam, sich behutsam entwickelnde Liebesgeschichte, die Lesende auf eine emotionale Reise mitnimmt. Hier sind Charaktertiefe und -entwicklung besonders wichtig.

18. Zweite Chance (Second Chance)

Einst ein Paar, dann getrennt und nun treffen sie erneut aufeinander? Hat ihre Liebe eine zweite Chance verdient?

19. Verfolgte Unschuld (Damsel in Distress)

Das moderne Trope der „Jungfrau in Nöten“ hat sich weiterentwickelt. Es bezeichnet nun oft nicht mehr nur weibliche Charaktere, die gerettet werden müssen, sondern auch Männer oder diverse Charaktere in vulnerablen Situationen. Ein Musterbeispiel für Neuinterpretation. Mit traditionellen Rollenerwartungen wird gebrochen und starke, eigenständige Persönlichkeiten werden präsentiert, die dennoch in herausfordernde Situationen geraten können.

20. Nicht wie andere (Not-like-other-girls)

Früher geradezu sprichwörtlich für weibliche Stereotype, wird bei dieser Trope zunehmend darauf Wert gelegt, weibliche Charaktere in ihrer ganzen Vielfalt zu präsentieren.

21. Mauerblümchen (Wallflower)

Auch das „Wallflower“-Trope, das schüchterne oder unscheinbare Charaktere beschreibt, hat eine neue, interessante Entwicklung erfahren. Die heutigen Mauerblümchen sind kraftvolle Persönlichkeiten, die ihre eigenen Wege gehen und dabei unerwartete Fähigkeiten enthüllen.

22. Unerfüllte Liebe (Unrequited Love)

Die unerfüllte Liebe kann oft zu persönlichem Wachstum und Selbstfindung führen. Die Figuren überwinden ihre Gefühle oder finden neue Wege, Liebe zu definieren.

23. Found Family

Diese Trope beschreibt die Erschaffung einer neu „gefundenen Familie“ durch Charaktere, die nicht biologisch miteinander verwandt sind, aber eine tiefe Bindung haben und sich gegenseitig unterstützen.

24. Das verlorene Artefakt

Ein mächtiges Objekt, dessen Suche die Handlung vorantreibt, wie der Ring in „Herr der Ringe“, zieht sich als wegweisender Faden durch die Handlung.


DU MÖCHTEST ZUKÜNFTIG MEHR VON DELIA LESEN?

DELIA IN DEN SOZIALEN NETZWERKEN


DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

REna Fischer

Rena Fischer hat nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften und Auslandsaufenthalten mit ihrer Familie Wurzeln in München geschlagen. Sie arbeitet als freie Autorin und schreibt zeitgenössische und historische Liebesromane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seit 2018 ist sie DELIA-Mitglied.

Mehr über Rena Fischer und ihre Bücher finden Sie auf ihrer Website www.renafischer.com oder auf Instagram unter @renafischer (Jugendbücher) und @renafischer_autorin (Romane)

Teile diesen Beitrag: