Liebe. Leben. Literatur.

Die Reise des Selfpublishings (SP) im Bereich Belletristik in Deutschland hat in den letzten Jahren eine wahre Metamorphose erlebt. Als Autorin habe ich diese Veränderungen aufmerksam beobachtet und möchte euch heute davon berichten, wie sich die Szene entwickelt hat und welche Rolle Plattformen wie Amazon und Tolino dabei spielen.

Entwicklung des Selfpublishings in Deutschland

Das Selfpublishing hat sich in Deutschland in den letzten zehn Jahren dynamisch entwickelt. Mit der Einführung von E-Books und digitalen Lesegeräten wurde es für Autor*innen einfacher, ihre Bücher ohne traditionelle Verlage zu veröffentlichen. Plattformen wie Amazon mit Kindle Direct Publishing (KDP) und Tolino, eine Allianz mehrerer großer deutscher Buchhandelsunternehmen, bieten Autor*innen die Möglichkeit, ihre Bücher selbst zu publizieren. Diese Plattformen stellen auch Werkzeuge zur Verfügung, mit denen Autor*innen ihre Bücher professionell formatieren und weltweit vermarkten können.

Die Verbreitung sozialer Medien hat Selfpublishing weiter gestärkt. Autorinnen und Autoren können nun direkt mit ihrem Publikum interagieren, ihre Bücher bewerben und eine loyale Fangemeinde aufbauen. Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok oder LovelyBooks haben es Selfpublishern ermöglicht, ihre Werke zu bewerben und unabhängig vom traditionellen Verlagswesen Erfolg zu haben.

Rolle von Amazon und Tolino

Amazon und Tolino spielen eine zentrale Rolle im deutschen Selfpublishing-Markt. Amazon KDP ermöglicht es uns, sowohl digitale als auch gedruckte Versionen unserer Bücher zu publizieren, wobei wir bis zu 70 % des Verkaufspreises als Tantiemen erhalten können.

Tolino hingegen bietet ähnliche Dienste, legt jedoch einen größeren Schwerpunkt auf den deutschen und europäischen Markt. Gedruckte Bücher sind über die ISBN im niedergelassenen Handel erhältlich, für über Amazon hergestellte Taschenbücher gilt dies derzeit nicht.

Amazon setzt bei E-Books und Readern auf ein proprietäres System, während bei Tolino veröffentlichte E-Books in einer Vielzahl unterschiedlicher Shops gekauft werden können.

Dass sich die großen deutschen Buchhändler Bertelsmann, Hugendubel, Thalia und Weltbild zur Tolino-Allianz in Konkurrenz zu Amazon zusammengeschlossen haben, ist für uns von Vorteil, weil es die Abhängigkeit von nur einem Anbieter, wie sie in anderen Ländern inzwischen leider üblich ist, reduziert.

Unterschiede zwischen Verlagsautor*innen und Selfpublisher*innen

Verlagsautor*innen profitieren von der Unterstützung ihres Verlages in vielen Bereichen:

  • Lektorat und Korrektorat: Qualitätssicherung durch professionelle Lektoren.
  • Covergestaltung und Buchlayout: professionelle Gestaltung, die zur Attraktivität des Buches beiträgt.
  • Marketing und Vertrieb: Unterstützung bei der Promotion, Distribution in Buchläden und online.
  • Vorschüsse und finanzielle Sicherheit: keine Publikationskosten.

Gründe für die Zusammenarbeit mit Verlagen und Agenturen sind beispielsweise der Zugang zu professionellen Ressourcen und Branchenkenntnissen, zu einem etablierten Vertriebsnetz und zu Medienkontakten. Wichtig ist besonders das Fehlen eines finanziellen Risikos. Verlage tragen die Kosten für die Produktion und das Marketing und zahlen darüber hinaus Vorschüsse, die die Autor*innen auch dann behalten, wenn die späteren Erlöse die Produktionskosten usw. nicht decken.

Selfpublisher*innen investieren in professionelle Dienstleistungen

Im Selfpublishing investieren wir in professionelle Dienstleistungen wie Lektorat, Coverdesign und Marketing, um die Qualität ihrer Bücher zu erhöhen. Den größten Vorteil dieser Form des Publizierens eigener Belletristik sehen SP-Autor*innen in der Kontrolle über den gesamten Herstellungsprozess und in höheren Tantiemensätzen pro verkauftem Buch. Ein häufig genannter Grund, sich trotz attraktiver Angebote gegen eine Zusammenarbeit auch mit großen Publikumsverlagen zu entscheiden, ist der Wunsch nach vollständiger Kontrolle über den Inhalt und die Gestaltung des Buches.

Dagegen stehen die nicht geringen wirtschaftlichen Risiken durch die Vorabinvestitionen in Lektorat, Design und Marketing, ohne die Garantie von Verkaufserfolgen. Wir reden hier von durchaus vier- bis fünftausend Euro pro Titel. Der finanzielle Einsatz kann allerdings abhängig von den Möglichkeiten einzelner Autor*innen auch deutlich geringer oder etwas höher sein. Die Abhängigkeit von den Algorithmen und Bedingungen großer Plattformen wie Amazon kann ebenfalls ein Risiko darstellen, das häufig unterschätzt wird. Zudem entfällt natürlich auch die relative Sicherheit während des Entstehungsprozesses, die ein angemessener Verlagsvorschuss bietet.

Verlagsautor*innen hingegen haben das Risiko, dass ihr Buch nicht den erwarteten Erfolg erzielt, was zukünftige Publikationschancen in ihrem Verlag beeinträchtigen kann. Verlagsvorschüsse decken in vielen Fällen (wenn nicht sogar überwiegend) auch bei erfahrenen Autorinnen und Autoren nicht die Lebenshaltungskosten für die Zeit, in der ein Buch recherchiert und geschrieben wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl das traditionelle Verlagswesen als auch das Selfpublishing jeweils eigene Vor- und Nachteile haben, die Autor*innen sorgfältig abwägen sollten, abhängig von ihren persönlichen Zielen und Ressourcen.

Hybridautorinnen und -autoren

Hybridautor*innen nutzen sowohl traditionelle Verlagswege als auch Selfpublishing, um ihre Werke zu veröffentlichen. Diese Autor*innen entscheiden sich oft für eine hybride Publikationsstrategie, um die spezifischen Vorteile beider Ansätze zu kombinieren und so ihre Reichweite und Einnahmen zu maximieren.

Die Veröffentlichung als Hybridautor*in erlaubt eine große Flexibilität und kombiniert die Vorteile von Verlags- und Selfpublishingwelten.

Als Hybridautor*innen können wir entscheiden, welche Bücher wir über Verlage laufen lassen und welche wir selbst publizieren. Dies kann abhängig vom Thema, der Zielgruppe oder auch vom experimentellen Charakter eines Werks sein. Durch die Kombination beider Wege können Autor*innen ihr Einkommen optimieren und neue Ideen und Formate im Selfpublishing testen, bevor sie diese vielleicht an einen Verlag herantragen.

Die Grenzen zwischen den Welten sind gefallen

Das Verhältnis zwischen Autorinnen und Autoren, die selbst publizieren, und denen, die mit Verlagen zusammenarbeiten, hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Die Professionalisierung der Branche hat dazu beigetragen, das negative Stigma des Selfpublishings zu verringern und die Akzeptanz bei Kritiker*innen und besonders in der Leserschaft deutlich zu erhöhen.

Fruchtbare Zusammenarbeit

Obwohl es zwischen Selfpublishing und der Verlagswelt einen natürlichen Wettbewerb gibt, da beide um Marktanteile konkurrieren, gibt es auch viele Beispiele für Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung. Autor*innennetzwerke und -gemeinschaften schließen oft Mitglieder aus beiden Bereichen ein. Auch DELIA ist kürzlich diesen Weg gegangen.

Die Wahrnehmung von Selfpublishing hat sich verbessert, und viele Verlage erkennen nun die Vorteile, die Selfpublisher*innen in Bezug auf Marketingfähigkeiten und Leserbindung mitbringen können. Einige Verlage suchen gezielt nach erfolgreichen Selfpublisher*innen, um sie unter Vertrag zu nehmen. Verlagsautor*innen und Verlage können von den Marketing- und Promotionsstrategien der Selfpublisher*innen lernen, während Selfpublisher*innen von den Verlagsautor*innen Einblicke in professionelle Prozesse und Netzwerke gewinnen können.

Insgesamt bietet das Hybridmodell eine vielseitige Plattform, um die Karriere nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, indem es die Vorteile beider Veröffentlichungswege nutzt. Dies kann dazu beitragen, das literarische Schaffen zu diversifizieren und Autor*innen mehr Macht über ihre berufliche Zukunft zu geben.

Zukunft

Die Zukunft des Buchmarkts wird durch die zunehmende Digitalisierung, technologische Innovationen und veränderte Konsumentenpräferenzen geprägt sein. Sowohl Verlagsautor*innen als auch Selfpublisher*innen werden ihre Nischen finden und weiterentwickeln. Eine hybride Modelllandschaft, in der traditionelle und unabhängige Veröffentlichungen koexistieren und voneinander profitieren, wird wahrscheinlich die Norm werden. Die Fähigkeit, sich an neue Trends anzupassen und innovative Wege der Buchproduktion und -vermarktung zu finden, wird nach meiner Einschätzung entscheidend für den Erfolg in dieser sich ständig wandelnden Branche sein.

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Zusammenfassung tl;dr

Die Entwicklung des Selfpublishings in Deutschland hat durch Plattformen wie Amazon und Tolino bedeutende Veränderungen erfahren. Seit den frühen 2010er Jahren erleichtern E-Books und digitale Lesegeräte Autor*innen die Veröffentlichung ohne traditionelle Verlage. Soziale Medien stärken das Selfpublishing durch direkte Leser*innen-Interaktionen und effektive Buchpromotion.

Amazon KDP und Tolino sind zentrale Akteure im Selfpublishing-Markt, bieten jedoch unterschiedliche Schwerpunkte und Reichweiten. Verlagsautor*innen profitieren von professionellen Dienstleistungen und finanzieller Sicherheit, während Selfpublisher*innen mehr Kontrolle und höhere Tantiemen genießen, jedoch auch finanzielle Risiken tragen.

Hybridautorinnen und -autoren kombinieren beide Ansätze, um Reichweite und Einnahmen zu maximieren. Die Professionalisierung führt zur Akzeptanz des Selfpublishings. Die Zukunft des Buchmarkts wird durch Digitalisierung und veränderte Leserpräferenzen geprägt sein, wobei eine hybride Modelllandschaft die Norm wird.

Links und Quellen zum Beitrag:

Deutschlandfunk Kultur

Künstlersozialkasse

Selfpublisher Verband


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DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

Jeanine Krock

Jeanine Krock weiß ihre Leserinnen zu bezaubern. Sie hat als Kostümbildnerin u. a. in London und auf den Antillen gearbeitet, am Toten Meer das Blau eingefangen und an der Côte d‘Azur Marzipangebäck serviert. Heute lebt sie mit Hund Anton und der restlichen Familie in Norddeutschland. Die Autorin erzählt seit mehr als zwanzig Jahren warmherzige und heitere Geschichten über die Liebe und das Leben. Jeanine Krock veröffentlicht unter mehreren Pseudonymen und wird von der Literarischen Agentur Kossack vertreten.

Websites: www.jeaninekrock.de | www.die-wortfinderinnen.de

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